Beispiele frühkindlicher Reflexe - Saskias Praxis

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Asymmetrisch Tonische Nackenreflex

Der Asymmetrisch Tonische Nackenreflex entsteht in der 18. Schwangerschaftswoche, nimmt am Geburtsprozess aktiv teil und sollte um den 6. Lebensmonat gehemmt, bzw. integriert sein.

Die Kopfdrehung des Kindes zur rechten Seite führt zur reflexhaften, gleichzeitigen Streckung des Armes und Beines der gleichen Seite, also auch auf der rechten Körperseite. Ebenso verhält es sich bei der Drehung des Kopfes zur linken Seiten.

 
 

Abb.:   Der Asymmetrisch Tonische Nackenreflex (Goddard 1998, 28)

Dieses Bewegungsmuster sorgt, wie auch die anderen vorgeburtlichen frühkindlichen Reflexe, schon im Mutterleib für Aktivität, Entwicklung des Musekltonus und Stimmulation des Gleichgewichts . Der ATNR hilft nicht nur beim Geburtsprozess mit, sondern wird durch ihn auch verstärkt. Dadurch erlangt er seinen Höhepunkt und kann zunehmend gehemmt werden.

Bei Abweichungen vom normalen Geburtsprozess (z.B. Kaiserschnitt, Saug- oder Zangengeburt, Früh- oder Sturzgeburt etc.) kann der Asymmetrisch Tonische Nackenreflex ( ATNR) jedoch gar nicht erst zum vollen Einsatz kommen. Durch das Einüben von Bewegungsabläufen (Kompensation), während der frühkindlichen (postnatalen) Entwicklung, schwächt er sich zwar seiner Wirkung ab, doch gelingt eine vollständige Hemmung selten. Behält der ATNR über den 4.-6. Lebensmonat hinaus seinen Einfluss, wird er die weitere grob- und feinmotorische Entwicklung beeinträchtigen, da eine Kopfdrehung weiterhin einen unwillkürlichen Streckimpuls in den Muskeln der Gliedmaßen auf der Gesichtsseite auslöst.

Jedoch erst wenn der ATNR erfolgreich integriert ist, kann das Baby mühelos seine Hände zur Körpermittellinie (und etwas später auch über sie hinaus) führen und z.B. Gegenstände zum Mund führen, um sie zu begreifen und zu erfahren. Dann werden auch seine Augenbewegungen zunehmend unabhängiger von der Kopfbewegung. Das wiederum ist die Voraussetzung dafür, dass man einen Gegenstand visuell fixieren kann, obwohl man sich selbst oder die Umgebung sich bewegt und die Augen unabhängig von der Kopfbwegung über die Körpermitte fließen können.

Wenn Kinder sich nicht zum richtigen Zeitpunkt vom Rücken auf den Bauch drehen, das Kriechen auf dem Bauch ungewöhnlich aussieht oder gar nicht stattfindet, kann ein ATNR dafür mitverantwortlich sein. Beugung und Streckung der Gliedmaßen werden immer noch von der Kopfbewegung und -haltung beeinflusst, wodurch alle Überkreuzbewegungen erschwert sind und nur durch ständige Kompensationsmaßnahmen ermöglicht werden.

Besonders deutlich kann man nicht erfolgreich gehemmte Reste eines ATNRs bei Kindern beobachten, wenn sie in die Schule kommen und Lesen und Schreiben lernen sollen.
Obwohl sie das Schreiben üben, können sie einfach nicht die Linien einhalten, der linke Seitenrand wandert immer weiter nach rechts. Sie machen viele Fehler beim Abschreiben, obwohl sie doch die richtige Vorlage im Buch oder Heft haben. Beim Lesen fällt auf, dass sie immer wieder in der Zeile verrutschen oder ganze Wörter wegfallen. Nach kurzer Zeit vermeiden diese Kinder das Lesen und wollen am liebsten gar nicht mehr Schreiben und Lesen lernen. Gar manche nachmittäglichen Dramen bei den Hausaufgaben können einem nicht genügend gehemmten ATNR zur Last gelegt werden. Mühelose Augenfolgebewegungen bilden die physiologische Voraussetzung dafür, dass die Augen sich fließend über Mitte bewegen können, man beim Lesen einer Zeile nicht Buchstaben, Satzzeichen oder ganze Wörter auslässt oder gar in den Zeilen verspringt.

Grundlegend erschwert eine Restreaktions des ATNRs die kompensationsfreie Zusammenarbeit beider Körperhälften, der Augenmuskelmotorik und auch der Ohren, d.h. der Hörverarbeitung. Er verhindert eine reibungslose Automatisierung von Bewegungsabläufen und der Informationsverarbeitung der rechten und linken Gehirnhälfte.

 
 
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